Nach unserem Flug nach Shanghai ging es gleich weiter nach Jiangyin. Pu Fangyao, Chen Min, Xue Zhong und Großmeister Xu (ehemaliger chinesischer Landesmeister und Weltmeister) holten uns vom Flughafen. In Jiangyin sind wir in einen festen Zeitplan eingebunden. Neben Begrüßungsessen mit Repräentanten der Stadt und Xiangqi-Aktiven, ist ein Schulbesuch und ein Teammatch gegen eine Stadtauswahl vorgesehen.

Die Jiangyin Huashi Experimental Primary School ist eine Modellschule für besonders begabte Kinder. Ein paar Hundert Kinder hatten gerade Pause und freuten sich alle winkend auf den fremden Besuch. Die grosse elektronische Schulanzeige begrüsste das Deutsche Team in grossen Zeichen. Auf dem Gelände waren überall Xiangqi-Steine, halber Meter im Durchmesser. Für alle Schüler ist Xiangqi in der ersten Klasse Pflichtfach, danach Wahlfach. Eine Auswahl von Schülern durfte dann gegen uns spielen, Nachdem verschiedene Reden gehalten, Geschenke ausgetauscht und viele Hände geschüttelt wurden. Jeder von uns durfte 2 Partien simultan spielen. Guido holte den schwarzen Peter. Er verlor hier beide Partien. Viele Fotografen waren da und ein Filmteam.

Nach einer Mittagspause in einem Hotel bei einer Drachenboot-Veranstaltunsstätte ging es wieder zurück in die Schule und wir spielten gegen die Xiangqi-Lehrer der Schule. Dabei waren auch die beiden besten Spieler der Stadt. Pu Fangyao konnte Remis spielen, Xue Zhong verlor sogar. Ich spielte Remis und Guido Freyer gewann diesesmal als einziger seine Partie. Andreas Klein und Uwe Frischmuth mussten auch Niederlagen hinnehmen. Das Bild zeigt uns mit unseren Gegnern.

Abends im Hotel wurde natürlich noch in der Hotellobby gezockt.

Am nächsten Tag ging es nach HuaXi Village. Ein Modelldorf des Kommunismus, Platz für 300.000 Einwohner. Als Besucherzentrum und Hotel gibt es einen der größten Türme Chinas, mit einer Goldkugel als Ausichtskuppel. Leider war es trüb und es gab keine Aussicht. Dafür gab es einen tollen Werbefilm in einem Breitwandkino. Hier konnten wir wenigstens sehen, was wir hätten sehen können. Wir sind dann noch durch die ganze Ausstellung gelaufen, auf 5 Ebenen. Themengebiete waren die 5 Elemente Gold, Silber, Feuer, Wasser und Erde. Besonders die Goldebene war sehr beeindruckend. Hier wurde mit Gold so richtig geprotzt.

Hier seht ihr wichtige Staatsleute (… als Figuren im Hintergrund!) und ein Panorama vom Platz vor dem Besucherzentrum.

Danach ging es direkt mit dem Auto nach Nanjing. Hier gab es auch wieder ein Programm. Ein Besuch des Youngster’s Palace stand auf dem Plan, mit einem Teammatch zwischen einer Regionalauswahl und einem deutsch-kanadischen Team. Wir waren hier in Nanjing mit den Kanadiern verabredet. Auch Michael Nägler stieß nun zum Team.

Im Palace gibt es quasi eine Volksschule für Kinder mit Fächern, die die Schulen vernachläßigen oder nicht anbieten. Gesehen haben wir Malen, Bildende Kunst, Computerkurse, Go, Schach, Xiangqi. Es gibt aber noch viel mehr. Gegenüber ist das Kindertheater. Hier werden Kinder im Tanz und Schauspiel unterrichtet. Beim Tanzunterricht durften wir zuschauen. Die Kinder sind zwischen 6 und 12 Jahren alt und werden ganz schön hart behandelt! Viele Eltern schauen zu.

Der vierte Tag startete mit dem Teamspiel Nanjing gegen Deutschland/Kanada. Im Foyer des Nanjing Youngster’s Palace gab es einen riesigen Trubel und sicherlich 150 Zuschauer auf zwei Ebenen. In der Nanjing-Auswahl waren alle möglichen Meisterspielerinnen und -spieler, von jung bis alt. Es gab Hochglanzbroschüren, in dem alle Spieler vorgestellt wurden, ziemlich viele Reden und ganz viele Geschenke von allen an alle. Die Spiele wurden dann ausdauernd beobachtet. Die Ergebnisse waren danach nebensächlich. Wir wissen nicht einmal, wie das Gesamtergebnis war. Wir haben wohl ziemlich deutlich verloren.

Nachmittags gab es einen Ausflug zum Sun-Yat-sen-Mausoleum des ersten Präsidenten der Republik China, nach der Kaiserzeit. Beeindruckende Menschmassen und Treppen nahmen uns gefangen. Da das Wetter nur halbtrüb war, gab es auch eine tolle Aussicht.
Damit war das Vorprogramm zur WM beendet und wir flogen nach Shenzhen, um dann mit dem Bus nach Huizhou zu fahren.

Viel Zeit blieb uns nicht. Kurz nach der Ankunft im Country Garden Beach Hotel, Registrierung und umziehen, begann schon die Eröffnungsfeier. Das Team wurde nun auch durch Wu Caifang, Rudi Reinders und Karsten Hoffarth komplettiert.

Die Eröffnungfeier beinhaltete natürlich viele Reden und Grußworte. Es gab einen Nationenaufmarsch, bei dem Uwe das deutsche Team repräsentierte. Presse und Fernsehen war zahlreich präsent.

Die Teilnehmer saßen alle als Team jeweils an einem Tisch. Das Abendessen schloß direkt an die Eröffnunszeremonie an.
Am nächsten Tag begann dann das Turnier.

Wu Caifang spielt im Damenturnier. 10 Damen spielen hier um den WM-Titel in einem Rundenturnier. Im Herrenturnier spielen 70 Teilnehmer um den Titel, wobei die Chinesen und Vietnamesen natürlich die Favoriten sind. Zwei Spieler pro Team werden für die Mannschaftswertung festgelegt. Für Deutschland sind das Pu Fangyao und Xue Zhong.

Bei der Organisation des Turnieres merkt man dann schon, dass es eine besondere Veranstaltung ist. Es gibt einen tollen Spielsaal. Mehrere Tische werden live übertragen. Unzählige Kameraleute filmen die ganze Zeit. Jeder wird zig Mal pro Spiel fotografiert oder gefilmt. Es gibt eine Pressekonferenz. Jeder wird irgendwann interviewed.

Hier durfte ich mein Interview abgeben. Vielleicht bekommen wir noch heraus, wo welche Videos und Nachrichten verbreitet werden.

Auf dem Bild sieht man meine Begegnung gegen Sone Toshihiko am „japanischen Tag“. 3 Deutsche spielten heute gegen Japaner. Der „Länderkampf“ ging unentschieden aus. Karsten gewann, ich spielte unentschieden und Uwe verlor.

Xue Zhong, der am Ende den hervorragenden 10 Platz erreicht, spielt hier gegen Tanaka Atsushi.

Natürlich gewannen die beiden Chinesen Sun Yongzheng (1.l.) und Wang Tianyi (2.l.) das Turnier. Bei den Damen Tang Dan (1.r.). Kein Wunder, die drei gehören zu den besten Spielern bzw. Spielerinnen der chinesischen Rangliste. Auf dem Bild mit Pu Fangyao und seiner Frau Chen Min. Pu Fangyao und Xue Zhong spielten ständig im vorderen Drittel des Turniers mit, belegten den 5. und den 10. Platz, Traumergebnisse, und zeigten sich damit als hervorragende Vertreter des Deutschen Teams. Damit wurde auch der 4. Platz in der Mannschaftswertung, von 24 teilnehmenden Teams, gesichert. Die deutschen Langnasen zeigten sich als große Kämpfernaturen. Alle Spiele wurden ausgespielt, auch wenn es deutsch-deutsche Begegnungen waren. Die Ergebniss lagen im erwarteten Bereich, auch wenn, wer hätte das gedacht, die meisten mehr wollten. Michael Nägler gewann als 8. der NCNV-Wertung auch einen Geldpreis. Karsten Hoffarth blieb der undankbare 9. Platz in dieser Wertung. Wu Cai Fang wurde 8. bei dem mit überwiegend Profis besetzten Damenturnier.

Ich persönlich bin zufrieden, da ich mein erwartetes Ergebnis knapp übertroffen habe (2.5/9, 1 Sieg, 3 Remise und 5 Niederlagen, Rang 65). Gelernt habe ich sehr viel und konnte gut feststellen und bestätigen, wo meine Schwachpunkte sind. Schade war, dass ich vorteilhafte Stellungen nicht verwerten konnte.
Die Stimmung im Team war toll und wir hatten viel Spaß. Es war auch schön, die Leute, die ich sonst nur kurz auf Wochenend-Turnieren getroffen habe, etwas besser kennenlernen konnte. Natürlich sind dabei auch viele neue Ideen und Vorhaben entstanden. Ich hoffe, wir können davon einen Teil umsetzen. Das ganz hat Lust auf mehr gemacht. Ich hoffe, ich kann beim nächsten Mal, in Hongkong, wieder dabei sein. Bis dahin will ich meine Spielstärke deutlich steigern und etwas Chinesisch lernen.
Die wichtigsten Links:
XiangQi Database (Links zu Videos und Ergebnissen)
World Xiangqi Federation (WXF)
Informationen auf gdchess.com (chinesisch)
Informationen zu aktuellen deutschen Ergebnissen (chinaschach.de)